„Es kommt immer schlimmer als man denkt“ – Der Fall des Bauern Pahlig

Frank Hannig

Bauer Pahlig ist ein sanfter junger Mann, der im Gerichtssaal mit einem T- Shirt mit Traktor- Bild sitzt.

Er ist Landwirt aus Überzeugung, hat nicht viel Geld, liebt seine Tiere. Besonders wichtig ist ihm seine Schafzucht. Einige Mutterschafe hat er zur Zucht extra persönlich nach Sachsen geholt, zum Beispiel seine Heidschnucken, die sonst nur in der Lüneburger Heide heimisch sind. Redet er über seine Schafe, hat er ganz schnell Tränen in den Augen. Im Sommer letzten Jahres hat er nämlich einige einer Zuchtschafe verloren. Nicht mal eben ein Lämmchen, dass irgendwo in einer Hecke verendet ist, das kann vorkommen, sagt er. Nein: Bauer Pahlig hat 7 Schafe verloren, darunter 3 wertvolle Zuchtschafe, weil ein Bewohner einer nahegelegenen Flüchtlingsunterkunft diese mit seinen Komplizen gestohlen hat. Sie haben die Tiere gepackt, offensichtlich mit Knüppeln und Schlägen gefügig gemacht, über die Weidezäune gezerrt und dann am Straßenrand geschächtet. Die Tiere wurden bei lebendigem Leibe aufgeschlitzt, die wertlosen Teile wurden achtlos weggeworfen und später von der Polizei als Beweismittel eingesammelt. Das Fleisch wurde mitgenommen und gegessen.

Die Ermittlungsverfahren wurden eingestellt. Gegen einen namentlich bekannten Täter mit der Begründung, dass gegen Ihn wegen weiterer schwererer Delikte mit einer Verurteilung zu rechnen sei. Das ist rechtlich und formell sicher nicht zu beanstanden. Ein juristischer Laie wie der betroffene Bauer Pahlig versteht das natürlich nicht.
Dem Bauern platzte also der Kragen und er schimpfte über die Täter auf Facebook. Er nannte sie sogar „Drecksvolk“.

Die Folge: Ein eifriger Internet- Denunziant zeigte den Bauern bei der Polizei an, diese ermittelte brav, ob der Begriff Drecksvolk wirklich vom Bauern verwendet wurde, ein Staatsanwalt dachte nicht juristisch gründlich nach sondern nur politisch und war sich im vorauseilenden Gehorsam sicher: wer Drecksvolk sagt, ist ein Volksverhetzer! Die Folge: Strafbefehl, Einspruch, Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht Meißen, öffentliche Sympathiebekundungen und Proteste, Medieninteresse weit über Sachsen hinaus…

… und nun, in der mündlichen Verhandlung, nachdem ich als Verteidiger die ganze Sache juristisch und tatsächlich sauber ausgeleuchtet und in in den Gesamtzusammenhang eingeordnet habe, sagt der Staatsanwalt in seinem Schlussplädoyer: Wenn er das alles so gewußt hätte, mit den Schafen und der Wut des Bauern, dann hätte er den Strafbefehl gar nicht beantragt. Dann wäre ja wohl klar, dass es dann keine Volksverhetzung sein könnte, weil sich die Bezeichnung „Drecksvolk“ ja eben nicht auf ein ganzes Volk oder eine Volksgruppe im Sinne des Gesetzes bezogen habe, sondern auf die Verbrecher, die des Bauern Schafe gestohlen, geschächtet und gegessen haben.

Die Richterin folgt den Anträgen von Verteidigung und Staatsanwalt:

Freispruch!

Und wieso gibt es diesen Blogbeitrag auf meiner Homepage? Der Fall ist doch längst abgeschlossen? Denkste!

Obwohl sie selbst Freispruch beantragt hatte, hat die Staatsanwaltschaft nun Rechtsmittel eingelegt. Das verstehe wer wolle. Rechtlich ist das möglich- aber welchen Sinn hat das? Die Antwort ist vermutlich einfach: Die Entscheidung, das Rechtsmittel einzulegen, dürfte weniger eine juristische als vielmehr eine politische gewesen sein. Geht denn das? Muß ein Staatsanwalt nicht neutral sein? Nein, das muß er nicht. Der Staatsanwalt ist Angehöriger einer Behörde, die letztlich dem Justizminister untersteht und damit politisch durchaus abhängig- nämlich an Weisungen gebunden. Das sagt ja auch der Name: Der Staatsanwalt dient dem Staate. Da kommt mir in den Sinn: Dient der Rechtsanwalt dann dem Recht? Ich versuche es zumindest- Im Fall des Bauern Pahlig werden wir sehen, ob der Rechtsstaat in die Knie geht. Der Richter am Instanzgericht jedenfalls ist unabhängig- Hoffentlich.

Frank Hannig
Rechtsanwalt
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